Heimerziehung in den 50-er und 60-er Jahren: Als Heimerzieher (bis 2010) habe ich mit deren Geschichte beschäftigt. Offen blieb die Verbindung zu der „Wohlfahrt“ im Nationalsozialismus. Hier nun der kleine Versuch, einige „persönliche“ Beziehungen herzustellen.

Ein Stück in 8 Kapiteln.

Erstes Kapitel: Am Anfang

Schenk mir ein wenig Deiner Zeit
Leih mir Dein Ohr
Folg mir ein Stück, und sei bereit
Für einen Blick in die Vergangenheit
Als praktisch alles schon verloren schien
Als würde die Geschichte weiter zieh`n
Nur ohne uns … die Stunde Null
Und wir dann trotzdem weiter machten
Weiter weinten, weiter lachten
Weiter liebten, weiter betrogen
Weiter schworen, weiter logen
Weiter blieben, weiter zogen
Und dann war da etwa jeder Zehnte
Der sich schämte
Tatsächlich war die Zeitenwende …. zu Ende
Es gab keine Revolte, keine Gesinnungshatz
Ein jeder blieb an seinem Platz

Zweites Kapitel: Am Bahndamm

Der Damm aus Schotter, die Schwellen aus Eiche
Die Schienen aus Eisen und nirgends ´ne Weiche
Und mal weißer Dampf und mal schwarzer Ruß
Das rhythmische Stampfen der Kolben als Gruß
von bedrohlicher Nähe, aus der Ferne dagegen
das Pfeifen, dass sich Gefühle von Fernweh regen

Und links geht’s zum Werk, nur ein Kilometer
Hier werkelten schon unserer Väter Väter
An Granaten und Bomben aller Kaliber
Bis, geschüttelt wie von heißem Fieber
Der Tod hier um sein Leben bangte
Der ständig nach Nachschub verlangte
Der Zwangsarbeiter war der Sklave
Der höllischen Enklave
Hier herrschte das faschistische Regime
Das manchmal fast normal erschien
Und plötzlich war es dann vorbei …. irgendwie und einerlei
Kein Fieber mehr, nur Leichenblässe
Der Sieger las die letzte Messe
Nun bauen sie dort Pfannen mit Stiel und Töpfe mit Henkel
Doch wovon sollen sie leben, zukünftig, unsere Enkel
Das mit der Wirtschaft, das ist ein Auf und Nieder
Und das mit den Granaten und Bomben, das wird schon wieder
Und deshalb herrscht eine große Zuversicht
Das bald die neue Zeit anbricht
Und rechts geht’s in die Stadt, nur drei Kilometer
Gleich gemacht, ob Opfer oder Täter
Weil sie in Schutt und Asche lag
Ausradiert an einem Tag
Als die Geister nicht mehr schliefen, die sie riefen

Drittes Kapitel: Im Barackenlager

Fünf Baracken, ein Waschhaus, drei Klos gibt es hier
Und ein schönes Depot für Tabak, für Korn und natürlich für Bier
Am Rand des Platzes dann viel Gerümpel
Und ein Stück weiter ein stinkender Tümpel
Es lässt sich wohl das Wasser nicht von den Fäkalien scheiden
Weshalb auch die Kinder unter Ausschlag leiden
Und an manchen Tagen wird Abfall verbrannt
Dann zieht sowas wie Romantik durchs Land
Und ab und zu lässt die Staatsmacht sich sehen
Auch der ist klar, hier muss was geschehen
Doch haben deren Aktivitäten …. andere Prioritäten

Und vor tausend Jahren
Als alle vor Größe besoffen waren
Da waren die Baracken nichts weiter
Als Behausungen für die Zwangsarbeiter
Wer heute seine Miete nicht zahlt, eins, zwei, drei
Den bringt die Obdachlosenpolizei … vorbei

Das kleine Depot, nicht ohne Komfort, ist jetzt überdacht
Es bietet Schutz auch über Nacht
Doch lass Dir von all dem nicht das Gemüt verdunkeln
Man kann hier auch feiern und singen und schunkeln
Es wird auch wieder im Stechschritt marschiert
Und von rauen Männerstimmen intoniert
Durch die dunkle Stille schallt
Das Lied von schönen Westerwald

Eukalyptusbonbon … über Deine Höhen pfeift der Wind so kalt
Jedoch der kleinste Sonnenschein dringt tief ins Herz hinein

Nur Karl mit seinem abben Bein … stimmt nicht mit ein
Er bleibt, was er immer war und heute noch ist … ein Zivilist

Viertes Kapitel: Karl

Und dann ist da Karl mit dem abben Bein
Deshalb wird auch nichts mehr wie früher sein
Ihm wurden die besten Jahre geklaut
Die Liebe, Familie, alles versaut
Als Soldat hat man ihn in die Pfanne gehauen
Als Kriegsversehrter darf er nun in die Röhre schauen
Seine Frau ist weg, sie hat den Bahndamm überwunden
Und ist mit ´nem Befreier in die Staaten verschwunden
Doch, mach Dir keine Sorgen, nimm´s nicht so schwer
Es ist nicht so, dass Karl ganz ohne Hilfe wär´
Denn jeden dritten Dienstag, so gegen halb drei
Kommt jemand von der Krüppelfürsorge vorbei

Vor dem Krieg saß er hoch auf dem Traktor
Jetzt spielt er im Keller des Werks den Kalfaktor
Die Fenster vergittert, doch er will hier nicht raus
Das Werk und der Keller, sie sind sein Zuhaus
Die da oben, die zwitschern schon wieder gestelzt und gedrechselt
Dabei haben sie nur den Verein gewechselt
Lasst sie doch oben hüpfen und picken wie Spatzen auf dem Mist
Das kratzt Karl nicht, weil er der König im Keller ist

Obwohl jeder es ahnte und keiner was wusste
Und Karl es wollte, obwohl er nicht musste
Er hütet für Heide, sein Kind, über das er nicht spricht
Eine silberne Spange, auf dass nicht die Kette bricht
Der Generationen der Frauen, der Mütter
Durch Zeiten mal süß und mal bitter

Ach ja, das Leben verpasste ihm manchen Dämpfer
Er ist nun mal kein großer Kämpfer
Doch eines noch: ich glaube, er ist einer von denen
Die sich schämen

Fünftes Kapitel: Marek

Da ist auch Marek aus Polen, aus Lodz genau
Was er hier noch sucht, das versteht keine Sau
Hier beim Volk der Schinder und der Henker
Oder doch bei dem der Dichter und der Denker?

Nun, es gehört wohl zum Siegen
Dass Sieger nach Belieben, Völker verschieben
Es wurden, zuweilen über Nacht
Den Menschen einfach Beine gemacht
Es wurde dann nicht lange gebeten
Es hieß ganz einfach: mit dem Koffer antreten
Für viele Polen ging es damals von Osten nach Westen
Selektiert von den Deutschen als die Stärksten und Besten
Jetzt fuhren die Züge von Westen nach Osten
Wir scheuen keine Mühen und wir scheuen keine Kosten
Meinten die Sieger und Befreier, die Alliierten
Als sie Menschen verschickten, die Repatriierten
Doch in ihrer geschäftigen Hast
Verpassten sie, dass Marek den Zug verpasst
Denn er sagte sich: ich will hier bleiben
Ich lass mich hier nicht einfach vertreiben
Denn ein Land in Trümmern ist ein weites Feld
Das verwildert, verkrautet und unbestellt
Leute braucht wie mich, den Polen
Der alles besorgt, ob Holz oder Kohlen
Der handelt mit Schrott, mit Flaschen und Lumpen
Und der Leute hat, die Geld bei ihm pumpen

Obwohl keiner es wusste aber jeder was ahnte
Dass Marek schon bald ganz kräftig absahnte
Denn im Großen wie auch im Ganzen
Lässt er schon mal die Puppen tanzen
Im Lagerdepot
Das er betreibt, und sowieso
Sind die Zeiten auch schlimm, und sind sie gar schlimmer
Tabak und Schnaps läuft immer
So sieht er der Zukunft ganz freudig entgegen
Des einen Leid ist des anderen Segen

Und Du fragst Dich vielleicht, wes Geistes Kind er ist
Ich glaube, er ist einfach nur ein Realist

Sechstes Kapitel: Herr Dr. Krüger

Ja, das ist er nun, unser lieber Herr Krüger
Der Dr. jur. war nicht nur klug, er war auch klüger

Am Erbgesundheitsgericht, vor tausend Jahren
Als alle noch vor Größe besoffen waren
Da war er Richter und Kläger
Ein harter Hund, ein großer Jäger
Er, der zum Thema promovierte
Wie man den Zwang legitimierte
Den Zwang gegen Menschen, die allein und verlassen
Nicht in das Bild vom Übermenschen passen
Und wenn er das Menschenrecht verletzte
Dann nach dem Gesetz, das er sich selber setzte

Doch auch ihm gelang es, zu überwintern
Und sitzt jetzt mit seinem strammen Hintern
Als Richter am Vormundschaftsgericht
Das ist in Ordnung, das stört ihn nicht
Justitias Waage wurde einfach neu geeicht
Insofern fällt ihm auch das Richten leicht

Nur … vor tausend Jahren
Als alle vor Größe besoffen waren
Da hatte er ein Ideal gefunden
Die Vermehrung der Starken und Gesunden
Der Volkskörper sollte genesen
Am arischen Wesen
Doch Ideale sind wie Güter
Mal Sonderangebot, mal Ladenhüter

Nun, Idealismus ist, so wie es scheint
Doch weiter nichts als „gut gemeint“
Und mitunter …. leidet er darunter

Siebtes Kapitel: Heide

Und die Geschichte von Heide, noch zart und fein
Beginnt für mich in den 50er-Jahren, im Kinderheim
Nachdem die Mutter über Nacht verschwand
Und das Amt befand
Dass es wohl so besser für sie wäre
Und deshalb gab sie sich die Ehre
Die Anstalt mit ihrem Glanz zu erhellen
Und Willkür und Ohnmacht in den Schatten zu stellen
Hier lernte sie, was sich geziemt
Sozusagen das, was der Unterwerfung dient
Und wer auch versuchte, sie zu beschämen
Konnte ihr doch die Würde und den Stolz nicht nehmen
So kam es, dass keine Zumutung sie störte
Weil sie wusste, dass sie an den Bahndamm, zum Vater gehörte
Und zu ihrem Glück, kam sie zurück
Mittlerweile gereift
Und mit Warnungen und Mahnungen eingeseift

Und weisst Du, was ihr ganzer Stolz war?
Die silberne Spange für ihr schwarzes Haar
Und eines Tages wird auf ihren Locken
Die Spange wie ein Krone hocken
Denn schon als Kind, da war ihr klar
Dass sie eine schöne Prinzessin war
Und irgendwann würde sie ganz allein
Die Königin vom Bahndamm sein

Und es wächst eine Rose am Bahndamm heran
Schön, stolz, wehrhaft und irgendwann
Wird sie gebrochen, von einem Prinzen vielleicht
Obwohl auch Otto Normalverbraucher reicht

Und so kam es, wie es kommen musste
Obwohl keiner es glaubte und jeder es wusste
Ein heißer Tag schleppt sich durchs Land
Wie Wirbelwind staubt feinster Sand
Und Kinder mit der Botschaft durchs Lager rennen
Heut Abend wollen wir Abfall verbrennen!
Was soll der Quatsch mit dem Gestank?
Der Wind steht gut, der zieht den Bahndamm entlang!
Das junge Volk ist freudig erregt
Das Schnapsdepot wird gründlich gefegt
Und Marek hat sich sogar rasiert
Wer weiß, was heute noch passiert
Und Karl trägt die Hose, die gute, die alte
Die mit der scharfen Bügelfalte

Nur Heide hält sich vornehm zurück
Vorläufig jedenfalls, doch dann zum Glück
Der Männer, ihr Auftritt im vollen Glanz
Der Funken des Feuers im sprühenden Tanz

Und weisst Du, was ihr größtes Glück war?
Es war die silberne Spange im Haar
Und sie ließ auf ihren dunklen Locken
Die Spange wie ein Krone hocken
Dass niemand, und wer es auch sei, vergisst
Wer hier heut die Königin vom Bahndamm ist

Und als das Feuer verglüht
und sich der Rauch verzieht
Eine trunkene Stimme, wie im Selbstgespräch
Sich über die Stille des Lagers legt

Oh Heideröslein, nimm Dich in Acht
Oh Heideröslein, was der Jäger macht
Er brach die Rose, und gab sie ihr
Oh Heideröslein, er will Dein Herz dafür

Doch es kam, wie es kommen musste
Obwohl keiner es glaubte und jeder was wusste
Die Rose gebrochen, der Strauch verdorrt
Es schien alles anders, am gleichen Ort
Und nach neun Monaten, wer hätte es gedacht
Hat Heide Karl zum Opa gemacht

Ja, ja, ich weiß, aus heutiger Sicht gäbe es sicher Bedenken
Doch Heide freut sich einfach nur Leben zu schenken
Und Du fragst Dich vielleicht, wer der Erzeuger war
Es war Marek, der Rasierte, ist doch klar

Und fast wäre sie, sie hat es erwogen
Mit ihrem Kind zu Marek gezogen
Doch ein Leben mit ihm wäre ihr zu alkoholisch
Seine Erwartung an Frauen etwas zu katholisch
Denn es ist, weiß Gott, nicht ihr bestreben
Ihm alles zu vergeben

So müssen sie, ihr Kind und der Staat ohne Vater auskommen
Das hat Vater Staat ihr übel genommen
Und so hat sie, oh Graus
Das Jugendamt im Haus
Damit kommt auch Herr Krüger ins Spiel
Denn am hiesigen Vormundschaftsgericht
Tut Dr. Krüger seine Pflicht
Doch diesmal gibt er sich zivil
Ihm reicht es schon, das Kind ihr zu entziehen
Ihr kurzes Glück ist nur geliehen
Der Schmerz dagegen ist von Dauer
Die heiße Sehnsucht, die tiefe Trauer
Kein liebes Wort, keine stille Rast
Kein helles Lachen, keine wilde Hast
Heilt diese Wunde
An keinem Tag, zu keiner Stunde

Und weisst Du, was ihr größter Schatz war?
Es war die silberne Spange, die nie wieder
Liess sich auf ihre Locken nieder
Eine Königin wurde nicht mehr gebraucht
Auch dann nicht, wenn das Feuer raucht

Achtes Kapitel: Zum Ende

Schenk mir ein wenig Deiner Zeit
Leih mir Dein Ohr
Das Ende der Geschichte …. es ist soweit

Denn eines, über die Jahre lässt Heide keine Ruh`
Es bleibt an ihr kleben, wie Scheiße am Schuh
Die silberne Spange, die, glaub ich, nur silberfarben war
Krönte nie wieder ihr schönes, ihr lockiges Haar
Denn die Locken wurden ein Opfer der Schere
Ein Bubikopf zierte ihr Haupt als wäre
Strenge und Härte in ihr Leben gezogen
Und das hat manchen Zeitgenossen bewogen
Zu glauben, dass sie jetzt die Herrscherin vom Bahndamm sei
Doch auch mit dem Lager war es irgendwann vorbei
Ein verlorenes Kind und ein verlorenes Reich
War das des Schicksals letzter Streich?

Und irgendwann später, da traf ich sie
Ich weiss nicht genau wo und wann und wie
Und wir kamen dann auch auf die alten Zeiten
Egal, Du kennst ja die Einzelheiten
Nur soviel: Am Ende sagte sie

Ich kann warten, und warten, und dauert´s auch lange
Irgendwann bekommt Karin, mein Kind, die silberne Spange


Am 12.05.2017 als Gastpoet bei den Deichpoeten im Pferdestall Bremerhaven mit diesem Text

Es ist ein Stück über den Kirchturm von Wremen. Der wohl schönste Kirchturm im Elbe-Weser-Dreieck (schreibt Alma Rogge). Er steht auf der Dorfwurt, umgeben vom Friedhof. In dem Stück wird er dargestellt durch einen Gospelchor. Dann ist da noch die Krähe. Dargestellt von einem Barden. Erzählt wird alles von dem Chronisten. Ach so: Es geht dabei um mir.

Chronist:
Dies ist ein Stück, Euch zu erheitern
Denn es erzählt vom großen Scheitern
Ein Reigen schönster Illusionen
Wie sie in jedem von uns wohnen
So auch in MIR
Dem Einzelnen im WIR
Und MIR erging es so:

MIR:
Am Anfang war noch alles drin
Wie das so ist, wenn zu Beginn
Noch überall die Lichter leuchten
Wenn Glück und Glanz die Augen feuchten
Das Ende … nun … wär halb so schwer
Wenn es nicht so gewöhnlich wär
Wie der Lateiner sagt: so ordinär
So ungewöhnlich kalt und leer

Dazwischen lag mein Leben!!!

Ich schenk es mir, dass ich zum Scheine
Euch dazu was zusammenreime
Ich geb es zu, ich nehme es hin
Dass ich am Ende ratlos … trostlos … mutlos bin

Chronist:
Der Frohsinn geht mit Riesenschritten
Lässt sich nicht halten und nicht bitten
Der Trübsinn, der hat kurze Beine
Er hat MIR fest an seiner Leine
So dackeln sie zum Friedhof hin
Und für den Trübsinn macht das Sinn
Denn er ist quasi hier zu Hause
Hier macht sogar der Frohsinn Pause

Das ist der Ort, wenn man ihn kennt
Den man besucht im letzten Hemd
Dort, wo zur Heimat wird der Turm
Und zum Gefährten wird der Wurm
Dies ist kein Ort um zu verweilen
Auch MIR würd gern vorüber eilen
Doch er sucht Rat bei seinen Ahnen
Vielleicht lenkt der in ruhige Bahnen
Sein Leben!!!

Ihr glaubt es nicht, es ist so weit
MIR glaubt, er wäre nicht gescheit
Statt Grabesstimme aus der Gruft
Tönt es ganz flockig aus der Luft
Ein Gospelchor:

Chor:
Die Krähe und der Turm
Die Krähe und der Turm

Ich bin der Turm, der Turm um den Du kreist
Ich bin das Dach, auf das Du scheißt
Das was Dir fehlt, das ist der Heimatsinn
Das kränkt mich sehr, weil ich die Heimat bin

Chronist:
Es krächzt und nuschelt jetzt der Barde
Wenn er`s nicht täte, das wär scharde
Er, der Schwarm ist vieler alten
Klapprig tattriger Gestalten
Er, der soviel ich weiß
Erhielt sogar den Nobel-Preis
Er, mit den dünnen Beinen

Barde:
Was soll im Nest ich hocken, sagt die Krähe zu dem Turm
Ich mach mich auf die Socken, noch einen letzten Wurm
Ich mach mich auf die Strümpfe, durch Wüsten und durch Sümpfe
Ich mach mich auf die Sohlen, zieh in die Metropolen
Ich such mir einen Schwarm, dann machen wir Alarm
Mit denen zieh ich nach Berlin, da gibt es viele Deponien
Dort macht es Klicker-Klacker, da ist ein heißer Acker
Dort wo es glänzt und glitzert, und wo die Lerche zwitschert
Kennt sich die Elster aus, die kenn ich von zu Haus
Und irgendwann find ich ein Plätzchen, dann such ich mir ein kleines Schätzchen
Vielleicht hast Du dann das Glück, und ich bin nächstes Jahr zurück

Chor:
Ich bin der Hort, der Hort für das Gebot
Ich bin das Maß, die Waage und das Lot
Ich teil die Welt, die Welt in gut und schlecht
Ich hab es schwer, denn ich hab Recht

Barde:
Dein Recht ist ein gepflegter Garten, sagt die Krähe zu dem Turm
Mein Recht ist nur was für die Harten, darauf noch einen Wurm
Dein Recht, geschrieben und gebunden, mein Recht gemartert und geschunden
Kommt aus den Läufen der Gewehre, dereinst durch Lanzen und durch Speere
Sowie durch Messer und Macheten, und heut durch Dronen und Raketen
Es ist der Tücke Niedertracht, die über meine Rechte wacht
Es ist der Willkür Bosheit Spiel, denn sie gibt gar nichts und nimmt viel
Es ist die Geilheit auf die Macht, die über unsere Rechte lacht
Es ist nicht Hass und nicht die Wut, es ist die schiere Gier nach Blut
Wie in Aleppo grad geschehen, ich war dabei, ich hab`s gesehen
Und deshalb sei es hier erwähnt, man gut, dass das Gesetz Euch zähmt

Chronist:
Kein Blitz schlägt ein, kein Donner hallt
Kein Geist tritt auf in der Gestalt
Des Engels oder Teufels gar
Und doch ist die Geschichte wahr
Die, von der Krähe und dem Turm
Und nicht vergessen: von dem Wurm
Und … was sagt das Ganze MIR?
Dem Einzelnen im WIR
Gibt es `ne Botschaft seiner Ahnen?
Würd sie Ermuntern oder Mahnen?
Wir wissen`s nicht!
Wir hörn`n nur was die Krähe spricht:
Und die sagt:
Im Namen Eurer Mütter Väter:
Kämpf jetzt … heul später!


Veranstalter am 23.12.2016: Gemeinderat Wremen

Wie immer!

Gestern morgen fuhr ich in die Stadt
Wo ich Arbeit und auch Ärger hab – wie immer!
Es ist egal, ich hab mich dran gewöhnt
Ich erwarte kaum, dass es besser wird – nur schlimmer!

Warum sollt ich auch zweimal hin sehn
Nichts spricht dafür, und ich tu`s trotzdem – was seh` ich?

Eine Blume im Asphalt
- Dabei war die Asche doch schon kalt
Ja, Du bringst das Glück zurück
- Für einen Augenblick, für einen Augenblick!
Ja, Du bringst das Glück zurück
- Für einen Augenblick!

Gestern Abend irgendwann, schalt ich im Fernsehen Heute an
Nur Leichen und Ruinen, die mir so künstlich schienen – wie immer
Klaus Kleber nun hocheloquent
Das Grauen gleich beim Namen nennt, als wär`s in meinem Zimmer – nur schlimmer

Doch ich glaub mich narrt die Zuversicht
In den Trümmern scheinbar brennt noch Licht – was seh ich

Eine Blume im Asphalt
- Dabei war die Asche doch schon kalt
Ja, Du bringst das Glück zurück
- Für einen Augenblick, für einen Augenblick!
Ja, Du bringst das Glück zurück
- Für einen Augenblick!

Und heute nacht überfiel mich dann im Traum, ein Faun
Ach lieber Faun ich bitte Dich, entführ mich nicht, ich fürchte mich – wie immer
Dann folge ich ihm williglich, in sein Dickicht
Denn das Jammern und Gewimmer, das macht es doch – nur schlimmer!

Und was zeigt mir den Faun, im Traum, Ihr glaub es kaum,
Am Rand der Welt, da steht ein Zaun, da kann man in den Abgrund schau´n – was seh ich?

Eine Blume im Asphalt
- Dabei war die Asche doch schon kalt
Ja, Du bringst das Glück zurück
- Für einen Augenblick, für einen Augenblick!
Ja, Du bringst das Glück zurück
- Für einen Augenblick!

Und heute morgen komm ich dann vorbei
Beim Blumenshop am Bahnsteig drei – wie immer
Und mir geht es wie den Nelken, geschnitten zum verwelken
Selbstinszeniert, selbstoptimiert und bindungsmäßig minimiert – nur schlimmer

Und ich mach mir ernsthaft Sorgen, wo bist Du nur verborgen
In dem kalten Glanz und Glimmer mit Deinem warmen Schimmer – was seh` ich?

DICH!


Die Kreuzung

Und an der Kreuzung steht ne Bank
Ich kann mich setzen, Gott sei Dank
Ob ich Dich treff`, wer weiß das schon
Ich bin das Wort und Du der Ton

Denn es wurd` ein Auftrag mir gegeben
Und der hieß: reden, reden, reden
Doch was ich traf, Ihr ahnt es schon
War Wort für Wort, den falschen Ton

Und mancher meint, ich wär ein Schnacker
So wie ein Hühnchen, nur Gegacker
Der vielen Worte mach ich schon
Das was mir fehlt, das ist der Ton

Doch plötzlich sitzt Du neben mir
Na endlich Mann, ich warte hier
Ich frag Dich nicht, ich weiß es schon
Ich bin das Wort, Du bist der Ton

Und Du kannst pöbeln, Du kannst hetzen
Ja, Du kannst schneiden und verletzten
Und Du kannst kosen, Du kannst zärtlich sein
Es ist der Ton und nicht das Wort allein

Ich leg mein Wort in Deine Hand
Doch nicht für immer, nur als Pfand
Was ich auch sag, an welchem Ort
Ich hab den Ton, Du hast das Wort

Ich werd nicht täuschen und nicht lügen
Ich werde nie jemand betrügen
Ich werde reden und reden, und ich setze mich ein
Für Frieden und Nachhaltigkeit und für den Sonnenschein
…..
Ich werde reden und reden, wozu willst Du Dich sorgen
Geh hin und lebe heute, was kümmert Dich das Morgen
…..
Ich werde reden und reden, für das was Ihr jetzt braucht
Dass sich die Räder drehen und dass der Schornstein raucht
…..
Ich werde reden und reden, glaubt mir das ist kein Stuss
Für einen starken Leitindex genau zum Börsenschluss
……
Ich werde reden und reden, und ja: ich werde dichten
Ich bin der Welterlöser, Du willst sie nur vernichten
.…
Ich werde reden und reden, für eine neue Sicht
Du musst die Welt nicht retten, die Welt sie braucht Dich nicht
…..
Ich werde reden und reden, jawohl so soll es sein
Die Welt wird Dich nicht retten, Du stirbst für Dich allein
…..
Ich werde reden und reden, hör zu was ich jetzt sag
Denn was Du wirklich wert bist, bestimmt allein der Markt
…..
Ich werde reden und reden, ganz gleich wie man es nennt
Ich bin nicht Dein Gefährte, ich bin Dein Konkurrent
…..
Ich werde reden und reden, für die Nachhaltigkeit
Doch Bindung und Beziehung, die pfleg ich nur auf Zeit
…..
Ich werde reden und reden, auch in der tiefsten Nacht
wenn rabenschwarze Stille den müden Zweifel munter macht

Du sprichst ganz leise, herb und fein
Mir wird es kalt, es muss wohl sein
Mein lieber Freund, Du weißt es schon
Du bist der Preis, ich bin der Lohn


Du bist ein Dieb

Du bist ein Dieb, ja-ja
Ich halte Wacht, lass nichts außer acht, hab alles bedacht, auch in der Nacht
Denn Du bist ein Dieb, ja-ja
Es tut mir leid, ich weiß Bescheid, ich sag es laut, hab Dich durchschaut
Du bist ein Dieb, ja-ja
Ein Lächeln hier, ein Zwinkern da, Du schenkst es mir, ein Tralala
Doch Du bist ein Dieb, ja-ja
Bild Dir nicht ein, ich lass Dich rein, Dein Platz bleibt leer, ich will nicht mehr

1. Bevor es abends dunkel wird, dann gehe ich ums Haus
Ich schau in jede Ecke rein, ich finde auch ne Laus
Dann gehe ich ins Haus hinein, und schließe alles ab
Ich fasse jede Klinke an, die ich im Hause hab
Jetzt fühle ich mich richtig wohl, schalt den Computer ein
Dann proste ich mir selber zu mit einem Gläschen Wein

Du bist ein Dieb, ja-ja
Ich halte Wacht, lass nichts außer acht, hab alles bedacht, auch in der Nacht
Denn Du bist ein Dieb

2. Du klaust Dir meine Einsamkeit mit großer Energie
Die Fähigkeit zu zweit zu sein, ich glaub, die hat ich nie
Dabei bist Du hochkriminell und ungehemmt brutal
Die Leere meines Lebens füllt jetzt einen großen Saal
Ich schenk mir noch ein Gläschen ein, oder auch zwei, vielleicht auch drei
Dann proste ich mir selber zu, und fühl mich endlich frei

Du bist ein Dieb, ja-ja
Es tut mir leid, ich weiß Bescheid, ich sag es laut, hab Dich durchschaut
Du bist ein Dieb

3. Ich schul jetzt meine Kennerschaft gezielt in Sachen Wein
Bei Youtube wird das demonstriert, dann geht das auch allein
Vielleicht lad ich auch ein Video hoch mit meiner Kompetenz
Doch erstmal geht ne Flasche drauf, die ich alleine lenz
So schenk ich mir ein Gläschen ein, oder auch zwei, oder auch drei, vielleicht auch vier
Nur Geistesriesen trinken Wein, die andern trinken Bier

Du bist ein Dieb, ja-ja
Ein Lächeln hier, ein Zwinkern da, Du schenkst es mir, ein Tralala
Doch Du bist ein Dieb

4. War da nicht ein leises Knacken, hab ich doch gehört
In jedem Falle war da was, was meine Ruhe stört
Das Knacken war schon ganz real, oder bild` ich mir das ein
Mein Leben ist sonst virtuell, da kann das schon mal sein
Und plötzlich ist die Flasche leer, wie ärgerlich so`n Mist
Und unwillkürlich frag ich mich, wo Du wohl grade bist

5. Vielleicht steht Du ja vor meiner Tür, und lächelst ungemein
Ich sag mir jetzt sei vorsichtig, das ist vielleicht nur Schein
Dann hol ich noch ne Flasche rauf, vom Guten ist doch klar
Wenn es doch bloss mal Knacken würd´, wie´s vorhin schon mal war
Vielleicht gehst Du auch zur Hintertür, Du kennst Dich hier ja aus
Der Schlüssel liegt unter dem Stein, gleich neben unserm Haus

Du bist ein Dieb, ja-ja